Kling, Alexander
Wir gratulieren herzlich zum bestandenen Rigorosum am 30. November 2016.
Die Dissertation wurde ausgezeichnet mit dem Preis der Unterfränkischen Gedenkjahrstiftung 2017.
Dissertationsthema: "Unter Wölfen. Figurationen der Zivilisation in Politik, Zoologie und Literatur (1650-1800)."
Stipendium nach dem Bayerischen Eliteförderungsgesetz (1.8.2010-31.7.2013).
Kontaktadresse an der Universität Würzburg:
Institut für deutsche Philologie / Neuere Abteilung
Am Hubland
D-97074 Würzburg
Telefon: +49 931 31-85639 (über Frau Knies)
Zimmer: 4.0.10
Erstbetreuer: Prof. Dr. Roland Borgards
Zweitbetreuer:
Prof. Dr. Stephan Kraft
Klasse in der Graduiertenschule: "Philosophie, Sprachen, Künste"
Promotion in der Graduiertenschule seit WS 2009/2010
Abstract:
Mein Dissertationsprojekt widmet sich einer Kulturgeschichte des Wolfes im Zeitraum von etwa 1650 bis 1800. Der Wolf soll dabei im Spannungsfeld zwischen tatsächlichem Tier und kulturell konstruierter Reflexionsfigur erfasst und anhand verschiedener Diskursfelder (politische Theorie, Zoologie, Literatur) untersucht werden. Damit wird der Wolf nicht nur als Metapher der politischen Theorie (etwa bei Hobbes), als Gegenstand zoologischen Wissens (etwa bei Buffon) oder als Motiv literarischer Texte betrachtet, stattdessen soll gezeigt werden, dass eine Trennung zwischen tatsächlichem und imaginärem Tier nicht aufrechterhalten werden kann – jeder Blick auf den tatsächlichen Wolf trägt Spuren einer imaginären Aufladung mit sich, und umkehrt ist jede Imagination vom Wolf und dem Wölfischen mit dem tatsächlichen Tier verbunden.
Mit dieser Herangehensweise werden politische Theorie, Zoologie und Literatur in einem gemeinsamen Feld verbunden, in dem verschiedene Austausch- und Wechselverhältnisse zu erkennen sind. Drei Fragekomplexe sollen die Untersuchung dieses Feldes leiten: Erstens: In welcher Verbindung steht der Wolf zu politischen Herrschaftsformen des zu untersuchenden Zeitraums, wo liegt die Verbindung zwischen dem Wolf und der politischen Souveränität? Zweitens: Wie wird über den Wolf der Grenzverlauf zwischen Kultur und Natur ausgehandelt, wie lässt sich über eine Lykologie die Logik des Liminalen sichtbar machen? Drittens: Wie gestaltet sich über den Wolf der Prozess der Zivilisation, wo und in welchen Formen wird dieser Prozess anhand des Wolfes manifest?
Einen Schwerpunkt bei der Untersuchung dieser Fragen nehmen literarische Texte ein. Dies ergibt sich aus der Überlegung, dass literarische Texte insbesondere durch einen Modus des ‚als ob‘ dazu in der Lage sind, politisch-zoologische Konstellationen zu verhandeln, Grenz(ent)setzungen zu beschreiben und Begegnungen zwischen Mensch und Tier narrativ auszugestalten. Auch die literarischen Texte (etwa von Defoe, Gerstenberg, Wezel, Schiller, de Sade) werden damit auf die genannten Fragekomplexe hin untersucht. Zugleich wird dabei die Frage zu stellen sein, welcher Status Tieren in literarischen Texten zukommt und welche interpretatorischen Zugriffe möglich und sinnvoll sind.
Meine Arbeit ist verortet im Forschungsfeld der Cultural and Literary Animal Studies (CLAS). Methodisch orientiert sich die Arbeit an wissensgeschichtlichen und poststrukturalistischen Theoremen (Foucault, Derrida, Agamben), insbesondere insofern sich diese selbst mit Fragen nach den Tieren beschäftigen. Auch die im deutschen Sprachraum entwickelten Konzepte der politischen Zoologie (Vogl, von der Heiden) und der Theriotopologie (Borgards) sollen berücksichtigt werden. Zugleich müssen aber die genannten Ansätze im Forschungsfeld der CLAS aufgrund ihrer starken Ausrichtung auf Sprache, Texte und Diskurse in Hinblick auf anthropozentrische Perspektiven problematisiert werden. Hierzu eignen sich die in den letzten Jahren entwickelten und mittlerweile stark rezipierten Ansätze der Agency sowie der Akteur-Netzwerk-Theorie (Latour, Haraway).