Görtz, Julia
Seit 10. Juni 2021 Promovierendensprecherin.
Wir gratulieren herzlich zur bestandenen mündlichen Prüfung
am 13.12.2024.
Dissertationsthema:
"Literatur und Sprachwechsel im Kontext von Migration und Trauma: Transkulturelle italophone und frankophone AutorInnen aus Albanien."
Kontaktadresse an der Universität Würzburg:
Neuphilologisches Institut - Romanistik
Universität Würzburg
Am Hubland
97074 Würzburg
Erstbetreuerin: Prof. Dr. Martha Kleinhans
Zweitbetreuerinnen:
Prof'in Dr. Stephanie Neu-Wendel (Univ. Mannheim)
Prof. Dr. Cornelia Ruhe (Universität Mannheim)
Klasse in der Graduiertenschule: "Philosophie, Sprachen, Künste"
Promotion in der Graduiertenschule ab WS 2018/2019.
Abstract:
Das Dissertationsvorhaben beschäftigt sich mit der Frage, wie bewusster Sprachwechsel und die dadurch gewonnene Distanz zur Muttersprache sich auf das literarische Schaffen von AutorInnen auswirken. Nicht nur die sprachliche Distanz, sondern auch die geographische Distanz zum Geburtsland durch Migration beeinflussen Themen, Perspektiven und narrative Strategien. Um die Bedeutsamkeit der ausgewählten Texte für die Literatur- und Kulturwissenschaften herauszuarbeiten, soll ein besonderes Augenmerk auf narrativen und stilistischen Strategien liegen, die von Migrationsphänomenen mitbedingt sind. Auch eine mögliche Traumabewältigung dank literarischen Schreibens wird eine zentrale Rolle spielen.
Für die Literatur- und Kulturwissenschaften ist die Untersuchung von Sprachwechsel insofern bedeutsam, als dieser – auch durch die Verbindung zu Migration – mit einem Zugewinn an kulturellen Einflüssen auf Identität und Literatur einhergeht sowie Fragen zur kulturellen Zugehörigkeit aufwirft. Identität und Zugehörigkeit sind im Zuge der Beschäftigung mit transkultureller, postkolonialer und Migrationsliteratur zentrale Kategorien. Das Thema Sprachwechsel wird weiterhin für Literatur- und Kulturwissenschaft fruchtbar gemacht, indem die damit zusammenhängenden Phänomene und narrativen Strategien als mögliche Mittel zur Auseinandersetzung mit und Bewältigung von Traumata in der Literatur betrachtet wird.
Zur Beleuchtung der genannten Themenkomplexe sollen Werke der aus Albanien stammenden Autorinnen Ornela Vorpsi, die ihre ersten Romane auf Italienisch veröffentlichte, nun aber seit 2014 auf Französisch publiziert, und Bessa Myftiu, die in französischer Sprache schreibt, dienen. Ornela Vorpsi wurde 1968 in Tirana geboren, lebte von 1991 bis 1997 in Mailand und zog anschließend nach Paris, wo sie ihre schriftstellerische Karriere begann und bis heute lebt. Bessa Myftiu, geboren 1961, migrierte 1991 in die Schweiz, lebt seit 1992 in Genf und geht dort ihrer Tätigkeit als Schriftstellerin nach.
Die Konzentration auf Albanien hängt konkret mit dem gemeinsamen Herkunftsland der gewählten Autorinnen zusammen, wobei durch den doppelten Sprach- und Ortswechsel Ornela Vorpsi eine Sonderstellung zukommt. Traumatische Erlebnisse in Kindheit und Jugend sowie Migrationserfahrungen prägen die Werke beider Autorinnen. Traumata wie diese, die von diktatorischen oder kolonialen Regimes hervorgerufen werden können, werden von SchriftstellerInnen literarisch verarbeitet. Albanien wurde für das Dissertationsprojekt gewählt, da das Land im Zuge der Besatzung durch Italien im Jahr 1939 und der sozialistischen Hoxha-Diktatur von 1944-1990 solchen Herrschaftsformen ausgesetzt war. Wie viele andere AlbanerInnen verließen sowohl Ornela Vorpsi als auch Bessa Myftiu Albanien kurz nach Ende der Diktatur.
Obwohl es zu Vorpsis Veröffentlichungen schon punktuelle Forschungsliteratur gibt, wurde bisher weder ihr Gesamtwerk in einer Monographie behandelt, noch der Akzent auf die konkreten Auswirkungen des doppelten Sprachwechsels gelegt. Bessa Myftiu kam hingegen in der Forschungsliteratur noch nicht die ihr angemessene Aufmerksamkeit zu.
Mithilfe narratologischer und semiotischer Methoden und Ansätze werden konkrete Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufgezeigt und analysiert. Für die Untersuchung können auch weitere aus südosteuropäischen Ländern stammende AutorInnen mit einbezogen werden. Im Vergleich mit Werken männlicher Autoren wird sich zeigen, ob auch Genderaspekte für die Dissertation relevant sind.