Döll, Alexander
Wir gratulieren herzlich zum bestandenen Rigorosum
am 18.10.2016.
Dissertationsthema: „'Mit fühlenden Händen und sehenden Augen'. Sensualismus und Aufklärung in Lohensteins Arminius-Roman.“
Promotionsstipendium
des Cusanus-Werks (1. Mai 2012 - 31. Oktober 2014).
Kontaktadresse an der Universität Würzburg:
Institut für Geschichte der Medizin
Oberer Neubergweg 10a
D-97074 Würzburg
Tel. 0931-31-83093
Erstbetreuer: Prof. Dr. Roland Borgards
Zweitbetreuer:
Prof. Dr. Stephan Kraft
Klasse in der Graduiertenschule: „Philosophie, Sprachen, Künste“
Promotion in der Graduiertenschule ab SS 2011.
Abstract:
Das Projekt „Barocke Theriotopien. Über die Tiere in Lohensteins Arminiusroman“ untersucht aus kulturgeschichtlicher und zeichentheoretischer Perspektive die Tiere im Arminiusroman des Barockdichters Daniel Casper von Lohenstein (1635-83). Dieses opulente Werk ist der Gipfelpunkt barocker Romankunst und entstand an der Schwelle zwischen Barock und Aufklärung. Die schon in antiken Romanen zu findenden Tiererzählungen weitet Lohenstein noch erheblich aus und bezieht sie auf die barocke Staatstheorie, die Anthropologie und auf zeitgenössische Kosmosvorstellungen. Die Omnipräsenz der Tiere im Text deutet auf ein spezifisch barockes Tier-Mensch-Verhältnis hin, das erst in der Aufklärung allmählich durch naturalistische Sichtweisen verdrängt wird. Zur analytischen Beschreibung dieses Verhältnisses ist das Konzept der „Theriotopie“ geeignet, weil es diese Beziehung in ihrer Vielschichtigkeit und historischen Bedingtheit zu erfassen erlaubt. Unter Theriotopien sind nicht mit Tieren verbundene Topoi zu verstehen, sondern Konfigurationen, die durch die Entgegen- bzw. In-Beziehung-Setzung zwischen Mensch und Tier etabliert werden.
In der Sprach- und Literaturkritik der Aufklärung wurde die barocke Art zu dichten, die sich einer ausgeprägten Tiermetaphorik bedient, recht pauschal als „Schwulst“ abqualifiziert. Diese Kritik ist jedoch als ein Effekt eines epistemischen Wandels zu verstehen, der über das rein Literarische und Sprachliche hinausging und das Zusammenleben von Mensch und Tier betraf. Innerhalb weniger Jahre wurde die Barockliteratur als ein Relikt aus fernen Zeiten wahrgenommen, weil das Denken in Analogien (etwa zu Tieren) von einem Denken in Kategorien abgelöst wurde.
Um diesen entscheidenden literarischen, epistemischen und sozialen Umbruch angemessen beurteilen zu können, werden daher in diesem Projekt Schriften der politischen Theorie ebenso in die Analyse miteinbezogen wie zeitgenössisches zoologisches, naturphilosophisches und hermetisch-magisches Schrifttum. Für die Forschung zu Lohenstein und zum barocken höfischen Roman bedeutet das zum einen eine umfassendere kulturhistorische Kontextualisierung des Romans, der bisher vor allem auf geschichtliche Aspekte hin untersucht wurde, und zum anderen eine kritische Neuinterpretation eines der wichtigsten Werke der barocken Romanliteratur, die narratologische und kultursemiotische Erkenntnisse der letzten Jahre in die Analyse integriert.